Alternativen zur Mediation

Damit Streitigkeiten nicht ausarten, werden zur Streitbeilegung häufig Dritte beigezogen. Bei der Streitbeilegung durch Dritte ist zu unterscheiden, ob die Streitlösung ko­operativ oder konfrontativ angestrebt wird bzw. die Verant­wor­tung für die Lö­sung bei den Parteien selbst oder bei einem Dritten liegt.

VergleichA

Vergleich der Streitbeilegungswege

Gericht/Schiedsgericht

Der Staat stellt für Konflikte im Bereich Planen und Bau drei Prozessar­ten oder staatliche Streit­beilegungswege zur Verfügung:

  • Zivilprozess (auf Grund der Schweizerischen Zivilprozessord­nung vom 19. Dezember 2008 [Zivilprozessordnung, ZPO; SR 272]);
  • Verwaltungsprozess (auf Grund des Bundesgesetz über das Ver­waltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 [Verwaltungsver­fahrensgesetz, VwVG; 172.021] bzw. kantonaler Verwaltungs­verfahrensgesetze);
  • Strafprozess (auf Grund der Schweizerischen Strafprozessord­nung vom 5. Oktober 2007 [Strafprozessordnung, StPO; SR 312.0]).

Für Konflikte rund um das Bauen wird der Weg meist über einen Zivilprozess beschritten. Hauptnachteile bei diesen Gerichtsverfahren sind:

  • Prozessverfahren sind meistens nur Momentaufnahmen. Ent­schieden wird, was im Zeitpunkt des Prozesses aktuelle Streit­frage ist. Streitpunkte, welche in den Prozess nicht einge­bracht wurden oder erst später auftauchten, bleiben unbehan­delt. Der Prozess dient somit vor allem der Vergangenheits­bewältigung und ist nur selten zukunftsgerichtet.
  • Partei in Prozessen ist nur, wer klagt oder beklagt wird, bzw. Beschwerde führt oder Beschwerdegegner ist. Weitere Streit­beteiligte können im Rahmen eines Zivilprozesses nur schwer einbezogen werden. Die Zivilprozessordnung ist auf Mehr­frontenkriege nur schlecht eingerichtet. Eine nachhaltige Bei­legung des Streites kann damit häufig nicht erreicht wer­den.
  • Die Entscheide in Prozessverfahren führen dazu, dass die eine Partei im gleichen Masse gewinnt, wie die andere verliert. Häufig stehen nach geschlagener Schlacht sogar beide Par­teien als Verlierer da. Prozesse sind praktisch immer Null­summenspiele.
  • Prozesse belasten die beteiligten Parteien physisch und psy­chisch, ausser es handelt sich um passionierte Streithähne oder -hennen. Streit mit Nachbarn vergällt die Lebensfreude. Die Belastung ist auch darum verheerend, weil beispielsweise Stockwerkeigentümer oder Mieter in der Regel auch nach Prozessende immer noch dort wohnen bleiben oder arbeiten müssen. Der unterlegene Eigentümer bzw. Mieter hat den Ge­genstand seiner Niederlage auch nach dem Prozess immer vor Augen.
  • Streitigkeiten, welche in Prozessen ausgetragen werden, kön­nen sehr teuer werden, da meist aufwendige Beweisverfahren unerlässlich sind. In Zürich fallen in einem Zivilprozess, wel­cher einen mittleren Aufwand erfordert, bei einem Streitwert von Fr. 50‘000 Fr. 8‘325 Gerichtskosten und zwei Prozessent­schädigungen in der Höhe von Fr. 10‘500 an, also Gesamt­kosten in der Höhe von Fr. 29’325.00. Muss noch ein Gut­ach­ten er­stellt werden, erhöhen sich die Gerichtskosten noch um diesen Betrag.
  • Prozessverfahren kön­nen sehr lange dauern. Die Urteile können, wenn die Streit­wertgrenzen überschritten sind, über drei Instanzen weiterge­zogen werden. Auch Schiedsgerichte brauchen ihre Zeit. Ge­richtsverfahren sind mit der Einführung der schweizerischen Zivilprozessordnung eher komplizierter ge­worden.
  • Gerichte wollen ihre Prozesse möglichst rasch und einfach erle­digen. Sie konzentrieren sich deshalb häufig auf Forma­lien (Zuständigkeit, Legitimation, genügende Substantiierung, Fristen etc.) und nicht auf eigentliche Konfliktinhalte.

Bei Schiedsgerichtsverfahren kommen weitere Probleme hinzu:

  • Es ist nicht immer klar, ob eine Schiedsklausel überhaupt für alle Parteien verbindlich ist.
  • Schiedsgerichtsprozesse sind teurer als Prozesse vor staatli­chen Gerichten.
  • Urteile von Schiedsgerichten können nur noch beschränkt an­ge­fochten werden (vgl. Art. 393 ZPO).

Schlichtung

Schlichtungsverfahren sind häufig Gerichtsverfahren vorgeschaltet. Kennzei­chen eines Schlichtungsverfahrens ist, dass ein Schlichter die Parteien anhört und dann unverbindliche Vorschläge macht.

Vor der Einleitung eines Zivilprozes­ses ist in den meisten Fällen ein Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungs­behörde (in einigen Kantonen immer noch als Friedensrichteramt bezeichnet) oder vor der speziellen Schlichtungsbehörde in Mietsachen durchzuführen (Art. 197 ff. ZPO).

In Mietverträgen für Restaurants ist eine verbandsinterne Schlichtung bei der Gastrosuisse vorgesehen.

Manche Schiedsgerichtsordnungen sehen sodann ein freiwilliges oder obli­gatorisches Schlichtungsverfahren vor Einleitung des Schiedsgerichtsverfah­rens vor. Im Weiteren besteht seit einigen Jahren für Bausachen ein Ver­mittlungs- und Schiedsgerichtsangebot «Bau+Immobilien», welches vom Hauseigentümer­verband (HEV), dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV), dem schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (sia) und Chambre gene­voise immobilière (CGI) geschaffen wurde.

Probleme der Schlichtungsverfahren sind:

  • Der Schlichter kann häufig nicht ausgewählt werden. Bei Stockwerkeigentumsstreitigkeiten ist es immer die für den betreffenden Ort des Mietobjekts zuständige Schlichtungsbe­hörde.
  • Den Schlichtern fehlt in einigen Fällen die Fachkompetenz (ge­nügende Kenntnisse in technischen, juristischen oder kommunikativen Belangen).
  • Das einem Gerichts- oder Schiedsgerichtsverfahren vor­ge­schal­tete Schiedsverfahren wird zum Teil als Leerlauf emp­funden.

Gutachten

Bei Konflikten rund um das Bauen spielen in manchen Fällen technische Fragen eine Rolle, zu deren Beantwortung ein Gutachter eingesetzt wird.

Zum Beispiel:

  • Sind Mängel beim betreffenden Haus vorhanden? Was ist die Ur­sache dieser Mängel? Wer ist der Verursacher dieser Mängel? Wie können diese Mängel behoben werden? Was kos­tet die Mängelbehebung?
  • Wenn die Heizung sanierungsbedürftig ist, welches Nach­fol­ge­system soll gewählt werden?

Diese Fragen können durch einen Gutachter oder Experten beantwortet wer­den. Es gibt verschiedene Wege zu einem Gutachten. Je nach Ausgestaltung ist das Gutachten, bei der Verhandlung (Privatgutachten), beim Gerichtsver­fahren (Gerichts- oder Schiedsgutachten) oder bei der Schlichtung (einver­nehmliches Gutachten) anzusiedeln.

Der Streitbeilegung dienlich kann sein, wenn der Gutachtenauftrag über rein technische Fragen hinaus erweitert wird: So kann dem Gutachter aufgegeben werden, Vorschläge auszuarbeiten, wie der Konflikt gelöst werden könnte, wie die Kosten zu verteilen wären etc. Dann übernimmt der Gutachter auch die Aufgabe eines Schlichters. Dieses Modell wird in der Baubranche relativ häufig eingesetzt.

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